Fragida wird wieder nicht laufen
Ich möchte mich zunächst bei euch bedanken, dass ihr heute wieder da seid. Danke, dass Fragida wieder nicht laufen wird. Dafür bitte mal ein Applaus für euch selbst.
Ich möchte mich auch ganz herzlich bei Heidi Mund und den anderen Rednern der letzten Wochen dafür bedanken, dass sie sich hier so erfolgreich selbst die Blöße gegeben haben. Danke, Heidi, dass du mit deinen gelungen Beiträgen ein für allemal klar gemacht hast, dass es hier nie um „berechtigte Sorgen“ ging, sondern immer nur um eine verkorkste Weltverschwörungstheorie, um Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Danke auch, dass du dich dafür immer wieder in eine Reihe mit den Schlägernazis, NPD-VertreterInnen und den Freien Wählern Frankfurt stellst und so mit dem Image der „besorgten Bürgerin“ endgültig aufräumst. Danke, für diese relativ erfolgreiche Demobilisierung. Wir sehen heute, dass wieder deutlich weniger Menschen gekommen sind.
Ebenso wie hier in Frankfurt zerlegt sich Pegida auch in anderen Städten im Moment. Aber wir sollten uns nicht täuschen lassen: das Gedankengut, auf das Pegida und andere gesetzt haben und das sie gesät haben, wird nicht so schnell verschwinden. Wir müssen uns deshalb mit dem Aufkommen dieser Welle des antimuslimischen Rassismus und der Flüchtlingshetze auseinandersetzen. Pegida ist in Deutschland in einer Zeit entstanden, in der wir täglich mit Bildern der Gewalt aus Syrien, Nahost oder der Ukraine konfrontiert werden. Die Not der Menschen in Griechenland, Spanien oder Bulgarien rückt gefühlt näher. Und am Ende des Monats wissen nicht alle von uns, wie sie die Miete zahlen sollen. Vieles, das wir uns für die Zukunft erhofft haben, scheint in Gefahr. Das macht auch uns unsicher.
Diese Verunsicherung versuchen Pegida und andere aufzugreifen und sie für ihren Hass und ihre Angst zu missbrauchen. Sie behaupten, dass die staatliche Unterstützung für Asylsuchende eine Bedrohung für den Sozialstaat darstelle; dass Zuwanderer „unsere“ Arbeitsplätze wegnehmen; oder dass Menschen mit muslimischen Glauben nichts anderes wollen, als allen anderen ihre Religion und Lebensweise aufzuzwingen.
Seit dem Beginn der großen islamfeindlichen Demonstrationen in Dresden und anderen Städten haben sich rassistische Übergriffe in Deutschland vervielfacht. Viele PolitikerInnen grenzten sich erst deutlicher von Pegida ab, nachdem bereits die ersten geplanten Asylunterkünfte brannten. Es ist gut, dass es inzwischen in vielen Städten in Deutschland breite Bündnisse gegen Pegida gibt, aber dass sich PolitikerInnen der SPD, CDU, FDP oder der Grünen dabei als offen und tolerant zelebrieren, ist mehr als zynisch. Wenn sie am nächsten Tag wieder rassistische Stimmungsmache mit ihren Debatten über einen angeblichen „Asylmissbrauch” antreiben. Diese Parteien stehen klar hinter der menschenverachtenden Politik der Europäischen Union, die jeden Tag jene Menschen das Leben kostet, die in Europa (ganz im Sinne von Pegida) „nicht erwünscht“ sind. Nicht zuletzt die NSU-Morde zeigen, wie tief Rassismus in diesem Staat verankert ist.
Wir stehen heute hier für eine solidarische Gesellschaft ohne Rassismus und Ausgrenzung. Und wir meinen das auch so!
Fragida läuft nicht in Frankfurt. Rassismus läuft in Frankfurt nicht. In unserer Stadt brauchen wir keine Verschwörungstheorien oder Sündenböcke. Auch in Frankfurt gibt es mit Fragida den Versuch, aus Verunsicherung Angst vor den vermeintlich „Fremden“ zu machen. Aber wir haben mit unseren Blockaden gezeigt: Wir sind uns nicht fremd und wir haben keine Angst. Die Probleme, die uns alle umtreiben, werden nicht durch unsere muslimischen Freunde und Nachbarinnen verursacht, sondern durch politische Entscheidungen, die das Wohl der Wirtschaft über das Wohl der Menschen stellen. Und das greifen wir an. Während der Staat den Unternehmen Steuergeschenke macht, werden Schulen geschlossen, Krankenhäuser privatisiert und Sozialleistungen gekürzt, weil angeblich kein Geld da ist. Doch dazu gibt es Alternativen! Und um Pegida und ihre Freundinnen zu bekämpfen, müssen wir uns mit diesen Alternativen, mit Visionen einer solidarischen Gesellschaft, hier, in Europa und darüber hinaus befassen.
Statt auf die einzuschlagen, denen es noch schlechter geht oder uns um die wenigen Reste, die für uns abfallen, zu prügeln, kämpfen wir gemeinsam gegen ein System, das uns zu Konkurrentinnen um Arbeitsplätze, Sozialleistungen, Renten oder Wohnraum macht. Konkret heißt das für die Interventionistische Linke in Frankfurt zum Beispiel, dass wir zusammen mit verschiedenen Gruppen die Stadt Frankfurt auffordern, endlich etwas gegen hohe Mieten zu unternehmen. Wir setzen uns auf Bundesebene gegen Waffenlieferungen der deutschen Regierung in den Nahen Osten ein. Wir leisten auf der Straße Widerstand gegen die Verarmungsprogramme und die Verunsicherung aller Arbeits- und Lebensverhältnisse in Europa, die unter anderem von der EZB vorangetrieben werden.
In den letzten Tagen haben wir noch einmal eindrücklich gesehen, wie unter anderem die deutsche Regierung und die EZB solidarischere Visionen, wie Syriza in Griechenland sie vielleicht repräsentieren könnte, sofort im Keim ersticken wollen. Wir sind gefragt: am Ende entscheidet die Straße. Gemeinsam mit unseren Freundinnen und Freunden aus vielen verschiedenen Ländern werden wir bei Blockupy am 18. März in Frankfurt für ein gerechtes Wirtschaftssystem und ein demokratisches Europa ohne Mauern auf die Straße gehen. Wir stehen für Solidarität mit den Geflüchteten. Und wenn Heidi Mund und Konsorten endlich ihre Klappe halten, sollen in diesem Frühling unsere Stimmen gehört werden: Ohne Hass gegen uns und unsere Mitmenschen im Alltag, aber mit Widerstand, mit Rebellion gegen herrschende Politiken und Strukturen und mit Hoffnung.
Ihr seid herzlich eingeladen euch an den Vorbereitungen des Aktionstags zu beteiligen. Bringt euch ein in den nächsten Wochen und seid am 18.3. mit uns auf der Straße! Unsere Solidarität gegen ihre Hetze.
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